Melissa Stemmer
Bikepacking - Slovenian West Loop
Aktualisiert: 3. Okt. 2022
Seit knapp über einem Jahr, hat mich und meinen Freund das Bike-Fieber gepackt. Angefangen mit einfachen Ausfahrten, bis hin zu heute, wo wir mit unserem Gepäck ganze Berge erklimmen, ist alles dabei. Nachdem wir in Belgien im April unsere 'Testfahrt' starteten (damit meine ich Bikepacking mit Zelt, Kocher, Lebensmitteln, Schlafsäcken und und und) , ging es im Juni 2022 dann für 13 Tage nach Slowenien. Ein Land, was wir beide noch nie besucht hatten. "Slowenien ist ein Land in Zentraleuropa. Es ist für seine Berge, Skigebiete und Seen bekannt. Im Bleder See, einem durch Thermalquellen gespeisten Gletschersee, liegt eine zum Ort Bled gehörende Insel mit einer Kirche, am Seeufer steht eine mittelalterliche Burg. In der slowenischen Hauptstadt Ljubljana finden sich barocke Fassaden neben der Architektur des aus der Stadt stammenden Architekten Jože Plecnik aus dem 20. Jh., dessen emblematische Tromostovje (Drei Brücken) sich über den gewundenen Fluss Ljubljanica spannt."
Genau das war unser Plan: den alpinen Norden entdecken, die Hauptstadt Ljubiljana bestaunen und in kalte Seen springen. Wir wollten all das mitnehmen, was Slowenien zu bieten hat. Welche Herausforderungen und Erfahrungen wir mitnehmen konnten, erfahrt ihr in diesem Beitrag.
Viel Spaaaaaaß!
Was ist Bikepacking überhaupt?
Für alle, die sich vielleicht fragen, was 'Bikepacking' überhaupt ist, bringe ich für euch etwas Licht ins Dunkle. Ich habe das Gefühl, dass der Begriff 'Backpacking' im Allgemeinen mehr bekannt ist, welcher nicht mehr bedeutet, als dass man nicht mehr als mit einem Rucksack auf Reisen geht. Jetzt überträgt man das einfach aufs Fahrrad. Mit minimalistischem Gepäck reist man nur mit dem Fahrrad durch die Welt, an einem Ort, für ein paar Wochen, der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt! Zum Thema 'Minimalismus' muss man allerdings sagen, dass es hier ganz auf das Vorhaben ankommt. Wir haben schon Bikepacker getroffen, die waren alles andere als minimalistisch unterwegs, ein Wunder, dass sie mit dem Gepäck tausende Kilometer vorangekommen sind, aber das ist ein anderes Thema.
Für mich ist es die einfachste und nachhaltigste Art zu Reisen. Allerdings war die Motivation fürs Bikepacken tatsächlich nicht möglichst nachhaltig zu reisen, sondern eher die Reise an sich. Strandurlaub, wo man 2 Wochen rumliegt und sich mit anderen Gästen um eine Liege streitet, war noch nie mein Ding. Ich brauche immer Bewegung und Abenteuer. Reisen bedeutet für mich, dass der Weg selber schon Teil des Abenteuers ist. Jeden Tag neue Eindrücke, jeden Tag ein anderer Ort, Gespräche mit anderen Bikepackern, die Natur wahrnehmen und so vieles mehr. Vor etwas über einem Jahr, hätte ich mir das auch nie vorstellen können mit dem Fahrrad zwei oder mehrere Wochen unterwegs zu sein. Doch angefangen mit der Transalp 2021, möchte ich es jetzt nicht mehr missen.
Unsere Ausstattung
Vielleicht fragt ihr euch jetzt, wie unser Setup ausgesehen hat. Wie auch zu vielen anderen Themen, haben uns die sozialen Medien inspiriert. Wir wollten so wenig 'bepackt' aussehen wie möglich, sodass wir auch schwierige Wege fahren konnten, ohne dabei irgendwo hängen zu bleiben oder im Wind noch langsamer zu sein. Bei euren Bikes solltet ihr darauf achten, ob sie auf Taschen aufgelegt sind, denn manche haben zum Beispiel keine Vorkehrungen für Gabeltaschen oder zu wenig Befestigungsmöglichkeiten für Trinkflaschen o.ä.
Unsere Gravelbikes:
Specialized Diverge
Specialized Diverge
Taschen
What's inside the bags?
Die Bikepacking Reise nach Slowenien war die erste große Reise mit Zelt. Vorher haben wir das Setup bei unserer 5-tägigen Belgien Bikepacking Reise getestet, just to be sure. Das ist sehr empfehlenswert, denn so merkt man schnell, was einem fehlt, was optimiert werden kann und was man eigentlich gar nicht braucht.
Frontbag: 1: Zelt, Zeltstangen, Luftmatratzen, Kissen 2: Schlafsäcke
Frontbag vor der Frontbag: Wertsachen, Messer, Ladekabel, Snacks, Sonnencreme, alles was man schnell und immer wieder braucht
Gabeltaschen: 1: Stühle, 2: Kocher, Töpfe (klein und groß), Feuerzeug, Besteck (Mix aus Gabel und Löffel), Lebensmittel fürs Abendessen, Öl, Gewürze, Schneidebrett 3: Snacks, Oatly, Frühstückssachen, Kaffeepulver, Kaffeefilter
Arschraketen: Klamotten, normal und Radsachen, Regenjacken
Rahmentasche groß: 3L Wasserbag, Kamera Rahmentasche klein: Hygienesachen, Shampoo, Handtuch
Rahmen unten: Spiritus

Die Route
Von Villach nach Soca
Tag 1: (89,31km ; 1.423hm ; 6h13m)
Los ging es von Düsseldorf mit dem Zug bis nach München. Dort übernachteten wir bei meiner Cousine, bevor es am nächsten Tag weiterging bis nach Villach. Unserer ursprünglicher Start war eigentlich von Ljubiljana aus geplant, allerdings hat uns vorher schon die DB App gewarnt, dass wir den Zug nicht mehr erreichen werden beim Umstieg in Villach. Da wir erst abends in Villach eintrafen und an diesem Tag kein Zug mehr nach Ljubljana fuhr, bekamen wir zwei Hotelzimmer kostenlos von der Bahn zur Verfügung gestellt. Also war es klar: wir starten von Villach aus. Angekommen in Villach, stand der Zug nach Ljubljana doch noch da und wartete, doch wir hatten ja schon die Tickets für das Hotel, sodass wir schnell vom Bahnsteig verschwanden, irgendwie war diese Aktion echt dumm.. naja. Am nächsten Morgen starteten wir dann die Tour. Am ersten Tag ging es durch 3 Länder hindurch auf der Alpe Adria, eine sehr beliebte Fahrradtour (vor allem für die ältere Generation).

Beim bikepacken ist es oft so, dass man ziemlich alleine unterwegs ist, am ersten Tag unserer Tour hatte man aber ein Gefühl von Gemeinschaft und man kam mit einigen Radreisenden ins Gespräch. Nach 50km wurden wir von einem wunderschönen Blick auf die Berge belohnt. Wir fuhren über Arnoldstein nach Tarvisio (Italien), über Ratece (Slowenien) nach Kransjka Gora.

An diesem Tag wartete auch der bekannte Vrsic Pass auf uns. Es ging zunächst erst über einen sehr anspruchsvollen steinigen Weg nach oben bis wir auf die Straße kamen, wo viele Motorradfahrer unterwegs waren. Viele haben uns motiviert und angefeuert bei unserem Kampf gegen die Höhenmeter, das war ein schönes Gefühl, vor allem weil man von Autos etc. oft das Gegenteil erfährt. Nach einigen schweißtreibenden Stunden, kamen wir dann oben an. Der Ausblick war traumhaft und wir spielten mit dem Gedanken, einfach dort oben unser Zelt aufzubauen. Wir entschieden uns jedoch dagegen. Wir ruhten uns etwas aus, trafen dabei noch einen anderen Rennradfahrer und machten uns dann auf den Weg ins Tal, zu dem Campingplatz, den wir auserkoren hatten. Die Abfahrt war traumhaft und mit jedem Meter, den man runter fuhr, wurde es wärmer, sodass wir unsere Windjacke schnell ausziehen mussten. Unten angekommen, sahen wir einen anderen Campingplatz, der uns so gut gefiel, dass wir dort die erste Nacht verbrachten.
Von Bovec nach Kobarid
Tag 2: (42,78km; 724hm; 3h 11 min)
Der zweite Tag startete mit angesagten Gewittern, die dann wie so oft, doch gar nicht kamen. Jedenfalls war für diesen Tag aufgrund der Wettervorhersage nicht allzu viel geplant. Wir starteten in Bovec und unser Ziel war für diesen Tag Kobarid.
Eine niedliche kleine Stadt, wo noch die Spuren vom Giro d'italia zu sehen waren. Kobarid war nämlich Teil der Etappe des Radrennens. Das zeigte sich an pinken Fahrrädern, die überall in der Stadt verteilt, platziert waren. Zudem hingen teilweise noch Girlanden an den Dächern und es waren Sprüche auf die Straßen gesprüht.
Der Himmel sah zunehmend schlechter aus, doch wir entschieden uns noch ein wenig die Stadt anzusehen. Am späten Nachmittag checkten wir dann in einem wundervollen Hostel ein, welches von einem super netten Paar geführt wird. Es war richtig familiär dort und wir haben uns sehr wohl gefühlt. Am Abend fing es dann tatsächlich an zu gewittern, also hat sich das Hostel total gelohnt!
Von Kobarid nach Ajdovscina
Tag 3: (96,82km; 1.931hm; 7h 13min)
Nachdem wir den zweiten Tag eher gemütlich verbracht hatten, standen diesmal fast 100km auf dem Plan. Irgendwie hatte ich das total verdrängt, dass so ein langer Tag bevorstand. Wir fuhren von Kobarid über Gorizia nach Ajdovscina. Der erste Anstieg kam schon nach wenigen Meter und war echt wunderschön. Es war nicht allzu steil und da auch dieser Weg Teil des Giros war, waren wieder überall motivierende Sprüche auf die Straße gemalt. Das gibt einem irgendwie ein gutes Gefühl und es macht direkt doppelt so viel Spaß. Nach ca 1 1/2 Stunden kamen wir in einer kleinen Stadt vorbei, die ebenfalls noch reichlich geschmückt war, als wäre der Giro gestern gewesen.


Der Rest der Strecke war ein auf und ab, mit teilweise sehr steilen Passagen. Gorizia stellte sich als sehr hässlich raus, obwohl ich irgendwie was anderes erwartet hatte. Der Tag zog sich. Irgendwann kruz vor Ajdovscina bemerkte ich, dass wir schon fast 2000hm auf der Uhr hatten. Und so fühlten sich auch meine Beine an. Kurz vor dem Ziel standen wir nochmal mitten in einer Sumpfwiese.. Bikepacker halt :D
Ajdovscina war ebenso hässlich: auch hier wählten wir wieder ein Hostel, da die ganze Nacht Regen angesagt war und unser Zelt das wahrscheinlich nicht ausgehalten hätte.. abgesehen davon das man dann auch nicht schlafen kann. Das Hostel war auch eher von Bauarbeitern besetzt, als das da Gäste waren, aber wir konnten unsere Fahrräder mit aufs Zimmer nehmen und Wäsche waschen. Ist doch auch nicht schlecht ;)
Von Ajdovscina nach Postojna
Tag 4: (45,29km; 948hm; 3h33min)
Der vierte Tag startete mit grauem Wetter. Uns stand ein Regentag bevor, der glücklicherweise aber nur für ein paar Stunden andauerte. Never not cycling!
Irgendwie wurden die Städte nicht wirklich schöner, aber die Landschaft war imposant. Im allgemeinen hat uns auch der südlichere Teil unserer Tour weniger gut gefallen, als der nördliche Teil.

Es ging lange Zeit leicht bergauf durch einen Wald, dadurch wurdeman nicht ganz so nass durch den starken Regen. Wir planten einen kurzer Stopp mit Teekochpause am der Burg „Predjamski grad“. Die Leute schauten etwas komisch, als wir unsere Stühle auspackten und unseren Kocher rausholten. Aber who cares. Nach ca. 1h ging es über die Hauptstraße nach Postojna. Zwischendrin verirrten wir uns mit zwei anderen deutschen Motorradfahrern auf einem Weg, der so matschig war, dass danach alles braun war. Eigentlich war der Weg auf gesperrt.. aber wir dachten mit den Fahrrädern kommen wir schon durch. Der Bauarbeiter konnte sogar deutsch und ließ und passieren. Postojna hatte wirklch GAR NICHTS zu bieten, außer diese tolle Tropfsteinhöhle, in der sich tausende Touristen tummelten. Da ich meinte Tage hatte und es in der Nacht wieder regnen sollte, suchten wir uns ein Hostel und machten uns dort gemütlich. Die Familie war sehr gastfreundlich und wir durften sogar in der Küche kochen!
Von Postojna nach Ljubljana
Tag 5: (75,60km; 914hm, 4h57min)
Unsere Route ging wieder in Richtung Norden. Wir fuhren von Postojna auf einem tollen Gravelweg an den Zirknitzer See, der nur einmal im Jahr als richtiger See zu sehen war, sonst war
es eher ein Tümpel. Es ging wunderschön durch den Wald und es begegnete ein alter Mann auf seinem Traktor, der sich total freute uns zu sehen und fröhlich winkte. Wir fuhren weiter auf einem sehr großen, tollen Radweg nach Cerknica, weiter über Felder bis wir wieder die Berge in der Ferne sahen. Der letzte Teil der Route führte leider an der Hauptstraße lang Richtung Ljubljana. Von der Ruhe ins Getümmel. Solche schlagartige Wechsel hatten wir schon oft auf unseren Reisen, da man ja meist in der Natur unterwegs ist und der Kontrast zu den Ballungsräumen ziemlich groß ist. In Ljubljana schrieben wir ein paar warmshower Hosts an, von denen leider niemand antwortete. Wir sind übrigens auch bei warmshowers! Falls einer von euch mal in Düsseldorf ist, schreibt uns gerne :)